[2013-09-27] Forschern der Yale University ist es gemeinsam mit dem Innsbrucker Quantenphysiker Gerhard Kirchmair erstmals gelungen, die Quanteninformation eines supraleitenden Quantenbits in ein Ensemble von über 100 verschränkten Photonen einzuschreiben. Die nun in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Methode könnte die Grundlage für eine neue Form vom Quantenspeichern darstellen.
Der im Vorjahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnete französische Physiker Serge Haroche hat Atome und Photonen in kleinen Hohlräumen mit stark reflektierenden Wänden eingeschlossen. Auf diese Weise konnte er experimentell wegweisende Erkenntnisse über die Eigenschaften der Quantenzustände von Licht erlangen. Einen ähnlichen Hohlraumresonator haben nun Forscher der Yale University in New Haven, USA, verwendet, um die Grundlage für eine neuartige Form von Quantenspeichern zu schaffen.
An dem Experiment hat auch der Innsbrucker Experimentalphysiker Gerhard Kirchmair mitgearbeitet: „Wir haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich in einem solchen Hohlraumresonator mit Mikrowellen-Photonen sehr einfach sogenannte Schrödinger-Katzen-Zustände erzeugen lassen.“ Erwin Schrödinger hatte makroskopische Quantenzustände in einem Gedankenexperiment mit einer Katze illustriert, von der man nicht weiß, ob sie lebendig oder tot ist. Ähnlich verhält es sich mit dem elektrischen Feld, das die Photonen in dem Hohlraumresonator erzeugen. Es zeigt gleichzeitig in zwei oder mehrere Richtungen. Solche Schrödinger-Katzen-Zustände wurden schon früher im Labor realisiert, mit dem neuen Verfahren gelingt dies aber besonders einfach und ohne den sonst notwendigen, hohen experimentellen Aufwand. „Außerdem können wir auf diese Weise sehr große Schrödinger Katzen erzeugen“, zeigt sich Gerhard Kirchmair begeistert. „Es ist möglich, bis zu Hundert Photonen in einen quantenmechanischen Überlagerungszustand zu versetzen und diesen zu messen und zu kontrollieren.“ So große Schrödinger Katzen konnte in Hohlraumresonatoren bisher noch niemand erzeugen.
Schrödinger Katzen als Quantenspeicher
Die Forscher um Robert Schoelkopf von der Yale University nutzen diese Schrödinger Katzen, um Quanteninformation zu speichern. Sie koppeln dazu die Photonen im Hohlraumresonator an ein Quantenbit, das sie mit einem sogenannten Josephson-Kontakt realisieren. Dabei handelt es sich um zwei Supraleiter, die durch eine hauchdünne Isolierschicht voneinander getrennt sind. Solche supraleitenden Qubits können einfach an konventionelle elektrische Schaltkreise gekoppelt werden. Mit diesem Aufbau ist es den Forschern nun erstmals gelungen, deterministisch die Quanteninformation des supraleitenden Qubits in einen Schrödinger-Katzen-Zustand von über 100 Photonen einzuschreiben. „Dieses Experiment zeigt bereits die Möglichkeiten, die in solchen Hohlraumresonatoren für die Quanteninformationsverarbeitung stecken“, sagt Gerhard Kirchmair. „Wir haben hier erste Schritte auf dem Weg zur Realisierung unseres vergangene Woche in Physical Review Letters erschienenen Vorschlags für einen Quantenspeicher gemacht,“ sagt Kirchmair. „Gerade laufende Experiment zeigen schon erste vielversprechende Resultate, um durch Dekohärenz verursachte Fehler in diesem Quantenspeicher zu korrigieren.“ Die Quanteninformation in solchen Speichern würde also durch Störungen von außen nicht vernichtet.
Verstärkt Quanten-Hochburg Innsbruck
Gerhard Kirchmair hat im März 2013 eine auf fünf Jahre befristete Professur für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck angetreten und ist gleichzeitig Junior Research Director am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seine Stelle gründet auf einem von Theoretiker Peter Zoller initiierten Projekt für ein Tenure-Track-ähnliches Verfahren, das jungen Wissenschaftlern bessere Möglichkeiten an den österreichischen Universitäten geben soll. Kirchmair kommt aus der Schule der Innsbrucker Physik, hat an der Universität Innsbruck studiert und bei Experimentalphysiker Rainer Blatt 2011 „sub auspiciis“ promoviert. Als Postdoc forschte er über zwei Jahre in der Arbeitsgruppe von Robert Schoelkopf an der renommierten Yale University in New Haven, USA.